An jedem Erntedankfest gibt es neben Familie, Essen und Fußball ein einzigartiges Ritual im Weißen Haus: die Truthahnbegnadigung des Präsidenten. Obwohl diese Tradition scheinbar unbeschwert erscheint, offenbart sie eine faszinierende Mischung aus Geschichte, Symbolik und sich entwickelndem Präsidenten-Branding.
Die frühen Jahre: Geschenke, keine Begnadigungen
Die Praxis, dem Präsidenten einen Truthahn zu überreichen, geht auf Abraham Lincoln im Jahr 1865 zurück. Der erste Truthahn wurde nicht begnadigt, sondern als Option für ein Weihnachtsessen geschenkt. Lincolns Sohn Tad fand Gefallen an dem Vogel und hielt ihn als Haustier namens Jack. Diese frühe Interaktion stellte einen Präzedenzfall für die Präsentation eines Truthahns durch den Präsidenten dar, wenn auch noch nicht der symbolische Akt, den wir heute kennen.
Jahrzehntelang wurden Truthähne ohne formelle Begnadigung verschenkt. Die National Turkey Federation begann 1947 damit, den Präsidenten offiziell Truthähne zu überreichen. Harry Truman erhielt 1948 zwei, aber keiner blieb verschont. Das Gesetz blieb eher eine Geste der Dankbarkeit der Geflügelindustrie als ein Präsidialerlass.
Von der Geste zur Tradition: Kennedy, Reagan und darüber hinaus
Der Wandel hin zu einer echten „Begnadigung“ begann mit John F. Kennedy im Jahr 1963. Obwohl es nur spärliche Einzelheiten gibt, soll Kennedy den ihm überreichten Truthahn verschont haben, was das erste Mal war, dass ein Präsident ausdrücklich eingegriffen hat, um den Vogel vom Esstisch zu retten.
Die Tradition wurde jedoch erst 1987 von Ronald Reagan vollständig gefestigt. Reagan war der erste, der den Begriff „Begnadigung des Präsidenten“ verwendete, als er den Truthahn am Leben ließ. Diese Formulierung fand großen Anklang bei der Öffentlichkeit und den Medien und verwandelte die Geste in ein erkennbares jährliches Ereignis.
George H.W. Bush kodifizierte die Tradition 1989 weiter und sorgte dafür, dass sie zu einem Standardritual im Weißen Haus wurde. Nachfolgende Präsidenten, darunter Clinton, Bush, Obama und Trump, führten diese Praxis fort und brachten oft ihre eigene Persönlichkeit in die Zeremonie ein.
Warum ist das wichtig? Symbolik und Branding
Die Begnadigung durch den Präsidenten ist nicht nur eine skurrile Tradition. Es dient als symbolischer Akt der Barmherzigkeit des Präsidenten und wird als unbeschwerte Geste des Mitgefühls dargestellt. Es bietet Präsidenten auch eine kostengünstige Gelegenheit, sich an einer positiven Berichterstattung in den Medien zu beteiligen.
Die Zeremonie ermöglicht es dem Weißen Haus, ein Bild von Menschlichkeit und guter Laune zu vermitteln, insbesondere während der Feiertage, die oft mit Familie und Dankbarkeit verbunden sind. Die Tradition ist ein einfacher, leicht verdaulicher PR-Gewinn.
Darüber hinaus ist die jährliche Begnadigung zu einem kulturellen Prüfstein geworden. Es handelt sich um ein bekanntes, weithin berichtetes Ereignis, das die Idee der Macht des Präsidenten bestärkt, selbst in einem scheinbar trivialen Kontext. Der Akt der „Begnadigung“ eines Truthahns stärkt auf subtile Weise die Autorität des Präsidenten, Gnade zu gewähren, auch wenn der Einsatz gering ist.
Die Tradition hat sich von einer Schenkungsgeste zu einem sorgfältig orchestrierten Medienereignis entwickelt. Jeder Präsident hat die Begnadigung genutzt, um sein öffentliches Image zu stärken, sei es durch Humor, Sentimentalität oder eine einfache Zurschaustellung exekutiver Autorität.
Die Begnadigung des Präsidenten durch die Türkei ist eine merkwürdige Mischung aus Geschichte, Symbolik und Öffentlichkeitsarbeit. Es ist eine Erinnerung daran, dass selbst die unbeschwertesten Traditionen eine tiefere Bedeutung haben können, insbesondere im Kontext des Präsidenten-Brandings und der kulturellen Wahrnehmung



































